1. Tag – Interessante Vortragsreihe
Im ersten Teil der Tagung erläuterte Josef Lanzinger, dass die Almfutterflächenproblematik die Almbauern derzeit stark verunsichert und ging genauer auf die Thematik ein. In Tirol werden nach den ersten Berechnungen ca. 6.000 Almauftreiber mehr als 6 Mio. € zurückzahlen. Grund dafür sind die Korrekturen der Almfutterflächen in die Vergangenheit, die bereits ins AMA –System eingearbeitet wurden. Die Rückzahlungen werden zeitverzögert in den nächsten zwei Jahren von der AMA vorgeschrieben und sind nicht mehr abwendbar.
Über „Die Bedeutung der Almwirtschaft“ sprach Dr. Franz Fischler in seinem Vortrag. Dabei ging er auf die zentrale Frage „Wer braucht die Almen überhaupt?“ ein. Dr. Fischler macht mehrere Nutznießer aus: Zunächst einmal benötigt die Landwirtschaft Almen, gefolgt von der umgebenden Region, die von der vielfältigen Landschaft als Naherholungsgebiet und Ausflugsziel für Gäste profitiert. Natur, Nachhaltigkeit und natürliche Landschaften werden in Zukunft erfolgreiche Tourismusregionen ausmachen. Vielfach nachgewiesen ist die Artenvielfalt in den Almregionen, die auch im Hinblick auf den sich vollziehenden Klimawandel noch zunehmend an Bedeutung gewinnen wird und Almwirtschaft ist Teil unserer Kultur. Dr. Fischler geht davon aus, dass langfristig nur mehr gute Melkalmen bestehen werden. Künftige Entwicklungsmöglichkeiten für Almen bzw. Almbauern und Almbäuerinnen sieht Dr. Fischler etwa in der separaten Verarbeitung von Alpmilch (höhere Preise für Almprodukte) und in der Produktion von Spezialkäsesorten. Aufgrund der zunehmenden Spezialisierung von Betrieben auf Milchproduktion könnte sich für weniger spezialisierte Betriebe ein neuer Betriebszweig im Bereich der Nachzucht auftun. In zukünftigen Förderprogrammen Eingang finden könnte auch die Notwendigkeit der Almflächenpflege zum Schutz des Dauersiedlungsraumes vor Naturgefahren oder eine „Naturschutzweidetrennung“. Dr. Fischler resümiert, dass Almen für Tirol, Österreich und Europa eine sehr große Bedeutung haben, allerdings ist es von fundamentaler Wichtigkeit, dass diese Bedeutung der Gesellschaft auch kommuniziert wird!
DI Johann Jenewein, Chefredakteur der Fachzeitschrift „Der Alm- und Bergbauer“ ging auf „Die Geschichte der Milchalm“ ein und zeigte eindrucksvoll, dass die Alpung schon seit Jahrtausenden praktiziert wird und Teil der (berg)bäuerlichen Kultur im Alpenraum ist.
„Die Bedingungen für eine wirtschaftliche Milchkuhhaltung auf der Alm“ analysierte Agrarökonom Dr. Leopold Kirner von der Bundesanstalt für Agrarwirtschaft. Er zeigte in seinem Vortrag auf, dass die Zahl der gealpten Tiere von 2000 bis 2010 zwar um +0,6 % gestiegen und damit stabil ist. es gibt allerdings eine Verschiebung von Melkalmen (-2,6%) und gemischten Almen (-14,3%) hin zu den weniger arbeitsintensiven Galtviehalmen (+12,7%). In einer Studie wurden mehrere landwirtschaftliche Betriebe mit Melkalmen untersucht. Hier fand Dr. Kirner heraus, dass die Wirtschaftlichkeit (und auch die Lebensqualität) auf Betrieben mit gealpten Milchkühen per se weder günstig noch ungünstig ist. Er geht zudem davon aus, dass die Preise für Milch und Rindfleisch in den kommenden Jahren steigen werden, analog dazu aber auch die Inputpreise. Dr. Kirner resümiert, dass die Gelder aus der „Ländlichen Entwicklung“ am stärksten zur Wirtschaftlichkeit von Almen beitragen. Die Ausgestaltung der zukünftigen Gemeinsamen Agrarpolitik ist damit essenziell für die Zukunft der Almwirtschaft. Mit dem Auslaufen der Milchquote dürfte auch der Druck zum Ausstieg aus der Kuhalpung zunehmen. Die Betriebsanalysen haben dabei ergeben, dass der Verbesserung der Wirtschaftlichkeit auf der Alm engere Grenzen gesetzt sind, als im Tal. Möglichkeiten dafür sieht Dr. Kirner am ehesten in einer Verringerung der Gebäudekosten und in einer Erhöhung des Milchpreises durch die eigene Verarbeitung der Milch. Um die Wirtschaftlichkeit der Alm zu verbessern müssen Tal- und Almbetrieb optimal aufeinander abgestimmt werden.
Im Anschluss daran stellten die drei Tiroler Almbauern Johann Misslinger, Johann Schipflinger und Josef Schroll ihre Almen vor. Johann Misslinger führt die Holzalm als Obmann. Auf der Holzalm weiden 160 Milchkühe, die von zwei Hirten gemolken und betreut werden. Auf der Holzalm wird die gesamte Milchmenge von 250.000 kg zu Bergkäse verarbeitet. Den Verkauf organisiert der Vorstand, wobei ca. ein Drittel über den Großhandel abgesetzt werden muss. Auf 43 ct je kg Milch Auszahlungspreis kommt derzeit die Holzalm.
Johann Schipflinger bewirtschaftet mit Sebastian Hölzl die Mitteregg – Wild- und Streitfeldenalm. Wie aus den Almnamen ableitbar gibt es auf der Alm 3 Leger und 3 Almställe. Diese Ställe und ein neuer Weg wurden in den letzten Jahren neu errichtet. Die Standplatzkosten je Kuh konnten durch die umfangreichen Eigenleistungen auf die Hälfte der Normwerte reduziert werden.
Josef Schroll initiierte die Stromerschließung für mehrere Bergbauern und Almen in der Kelchsau. Die Stromkosten konnten durch diese Maßnahme für die Almbauern von ca. 70 ct mittels Aggregat auf 17 ct je KW Stunde gesenkt werden.
Auf seiner Alm „Unterlodrun“ benötigt er einen eigenen Hirten, wodurch Lohnkosten von über 40 ct je kg Milch entstehen. Alle drei Almbauern hängen mit dem Herzen an ihrer Alm. Wenn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen es zulassen, werden diese Almen als Milchalmen weitergeführt werden.
DI Siegfried Steinberger von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft Grub behandelte die Thematik der „Ertragsfähigkeit von Almflächen und deren Verbesserung durch gezielte Weideführung“. Untersuchungen zeigen, dass die klimatischen Veränderungen bereits erste Auswirkungen auf die Almregion haben. So können in ungünstigeren Lagen, die meist auch besser mit Wasser versorgt sind, zunehmend höhere Futtererträge gewonnen werden. Gleichzeitig tritt der Vegetationsbeginn 2 bis 3 Wochen früher ein. Für eine bessere Ausnutzung des Almfutters und um der zunehmend feststellbaren Verunkrautung Herr zu werden, empfiehlt DI Steinberger, die „traditionellen“ Auftriebstermine vorzuverlegen und die Weideführung stärker mit Weidezäunen zu lenken. Die Abstimmung von Futterzuwachs und Futterverbrauch stellt die Grundlage für eine optimale und nachhaltige Beweidung der Almflächen dar. In der Praxis werden meistens zu wenig Weidetiere zu spät aufgetrieben. Nur durch das saubere Ausgrasen der Weideflächen kann eine optimale Weidefläche erhalten werden.
Auch „Die besondere Fettzusammensetzung der Almmilch und ihre Ursachen“ wurde bei der Tagung behandelt. Dr. Florian Leiber vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau stellte dabei dar, dass eine höhere Biodiversität auf der Weide auch mehr sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe in Milch, Fleisch, etc. bedingt, so z.B. auch die höheren Omega-3-Fettsäurengehalte im Milchfett. Ein hoher Anteil an Kräutern im Futter bedingt höhere Phenolgehalte, die sich unter anderem positiv auf Milch- und Fleischqualität, die Tiergesundheit und die Pansenfermentation auswirken. Allerdings gilt es in diesem Bereich noch viele Zusammenhänge zu erforschen.
Abgerundet wurden die Fachvorträge des ersten Veranstaltungstages mit Vorträgen von Dr. Peter Kaltenegger, der in der Europäischen Kommission in Brüssel tätig ist und Herrn Ing. Ignaz Knöbl vom Lebensministerium in Wien. Ing. Ignaz Knöbl erläuterte die „Förderung der Almen in der ländlichen Entwicklung Österreichs“. Dr. Kaltenegger ging auf die „Förderungsmöglichkeiten für die Alm aus Sicht der Europäischen Kommission“ ein. Dabei stellte er mehrere Möglichkeiten dar, wie Almen in Österreich gefördert werden könnten. Ob diese von der Europäischen Kommission angebotenen Möglichkeiten genutzt werden, hängt letztendlich vom Ergebnis der innerösterreichischen Verhandlungen über die Mittelverteilung und der Gestaltung des österreichischen Programms für die Ländliche Entwicklung ab.
2. Tag – Exkursionen zum Thema „Milchkuhalmen“ und „Almen mit unterschiedlichen Weidetieren erhalten“
Am zweiten Tag der Tagung standen zwei Alm-Exkursionen auf dem Programm. Die Exkursion „Milchkuhalmen erhalten“ führte auf die Trattalm und die Askeralm unterhalb des Kitzbüheler Horns. Die Trattalm ist eine Gemeinschaftsalm auf der 200 GVE gealpt werden. Davon sind 160 Stück Milchkühe und 200 ha Almfutterfläche. Die Milch wird ins Tal geliefert. Die zweite Exkursion „Almen mit untrschiedlichen Weidetieren nutzen und pflegen“ führte die TagungsteilnehmerInnen nach Aschau/Kirchberg zu den Almen des Landes Tirol Stallbach/Karalm/Tiefsöll, welche von der Landwirtschaftlichen Lehranstalt Weitau bewirtschaftet werden. Auf der Alm werden 25 Milchkühe, 160 Stück Jungvieh und 13 Pferde gealpt. Die Almfutterfläche umfasst 92 ha.
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Exkursion 1: Milchkuhalmen erhalten
Exkursion 2: Almen mit unterscheidlichen Weidetieren nutzen und pflegen
3. Tag – Abschluss am Hahnenkamm
Tag drei der österreichischen Almwirtschaftstagung führte die TeilnehmerInnen mit der Hahnenkammbahn zum Gasthaus Hochkitzbühel in deren unmittelbarer Nähe sich die Streif, Tirols wohl bekannteste Schipiste, befindet. Ein Themenschwerpunkt dieses Tages war die Vorstellung des von der Agrarmarketing Tirol initiierten Projektes „Almleben“, präsentiert von DI Wendelin Juen. Das Projekt „Almleben“ wurde 2011 mit neun milchverarbeitenenden Almen gestartet, mittlerweile nehmen 19 Almen daran teil. Ein wesentlicher Bereich umfasst die Produktion von Almkäse und Almprodukten mit einer entsprechenden Qualitätssicherung und Vermarktung. Weiters werden verschiedene Almveranstaltungen gebündelt und beworben sowie geführte Wanderungen mit ausgebildeten AlmerlebnispädagogInnen angeboten. Eine kulinarische Positionierung der Alm mit einer Verfeinerung des Speisenangebotes sind weitere wichtige Eckpfeiler. Almbauer Anton Fahringer von der Burgeralm in Rettenschöss berichtete über seine praktischen Erfahrungen mit dem Projekt. Weitere Themenschwerpunkte waren die „Wertigkeit der Almprodukte“, vorgetragen von Ernährungsexpertin Mag. Angelika Kirchmaier, die die Hochwertigkeit von Almprodukten, aufgrund spezieller gesundheitsfördernder Inhaltsstoffe, hervorhob. Auf die „Prägung des Landes Tirol durch Tourismus und Almwirtschaft“ ging Dr. Michael Brandl von der Tirol Werbung ein. Abgerundet wurde die Tagung mit einem hervorragenden, von den Bäuerinnen aus Hopfgarten zubereiteten, Käsebuffet und einem geführten Abstieg über die „Streif“.